Nur 27 Wochen – Ein Frühchen will leben

Autorin: Danay Leighton

Erscheinungstermin: Juni 2016
Umfang: 120 Seiten
Format: 15,5 x 22 cm
Ausstattung: Paperback
ISBN: 978-3-903085-42-8

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ISBN eBook: 978-3-903085-43-5

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Linus kommt viel zu früh nach 26+5 Schwangerschaftswochen zur Welt. Er braucht jetzt nicht nur ganz dringend Muttermilch, um zu wachsen, sondern auch körperliche Nähe. Sehnsuchtsvoll erwarten Mama und Baby deshalb das „Känguruhen“. Doch dann passiert ausgerechnet beim gemeinsamen Kuscheln etwas Schreckliches …

Trotz verschiedener Rückschläge bleibt Mama Danay hoffnungsvoll. Aus einem alten Handtuch näht sie einen weichen Stoffhasen. „Lottle“ wird zum ständigen Bewacher des kleinen Linus. Auch der Hase ist verkabelt und hat ein Pflaster – und auch er hat nur ein Ziel: Endlich nach Hause zu dürfen!

Danays Buch ist für alle, die auf einer Frühgeborenenstation zwischen Hoffen und Bangen dringend guten Zuspruch benötigen.

Wer Hase Lottle selbst nachnähen möchte, findet im Buch Schnittmuster und Anleitung.

Textauszug

Linus ist schon vorbereitet. Endlich! Linus geht es anscheinend ebenfalls so. Als wüsste er genau, was ihn erwartet. Beide Augen sind weit offen und er ist hellwach. In einem Gartenliegestuhl mache ich es mir gemütlich. Linus wird mir auf die nackte Brust gelegt und der Herr entpuppt sich als eine richtige Schmusemaus. Er wird immer breiter, fast wie eine Flunder. Nur ein leises, rhythmisches Schnorcheln ist zu hören, dem Schnurren einer Katze gleich. Da fühlt sich einer wohl. Es tut so gut.

Die Schwester schaut öfter vorbei, während wir die Zweisamkeit genießen. Sie fordert mich auf zu singen, um zu sehen, wie Linus darauf reagiert. Singen!? Das kann sie nur fragen, weil sie mich noch nie hat singen hören. Klar kann ich singen, es sollte nur keiner hören müssen. Mein Gesang fällt nach meiner Auffassung unter die Rubrik „schwere Körperverletzung“. Dass die Kinder auf Musik und Geräusche reagieren, ist mir mittlerweile bekannt. Aber eigenen Gesang? Das wird sie doch nicht ernst meinen, oder doch?

Die Schwester steht erwartungsvoll vor mir. Spitze! Ich bedanke mich für die reizende Idee und murmele was von trockenem Hals. Sie lächelt mir zu und bewegt sich nicht vom Fleck. Schlimmer als in der Schule. Weihnachten liegt schon ein wenig zurück, aber meine Tochter singt immer noch „Jingle Bells“. Also beginne ich, zähneknirschend, zu singen, wenn man das so nennen darf. Wie unsagbar peinlich!  Die Schwester strahlt, wohl weniger meines Gesangs wegen, als vielmehr aufgrund der guten Werte, die Sauerstoffsättigung und Herzkurve anzeigen. Sie fordert mich auf weiterzumachen.

Irgendwann kann ich nicht mehr, mein Hals ist wirklich trocken. Unvorhergesehen ertönt ein ohrenbetäubender Alarm von einem Monitor. Schwester und Arzt tauchen vor meinem Liegestuhl auf und massieren Linus, auf meiner Brust liegend, etwas. Ich stehe unter Schock. Ich habe mich so auf das Känguruhen gefreut, und nun das. Der Raum zwischen mir und meinem Kind wirkt unendlich, dazwischen eine Wand aus Krankenhauspersonal.

Geräusche verschwimmen und ich fühle mich unbeschreiblich hilflos. Tunnelblick. Die Schwester schüttelt mich und fragt, was gewesen sei. Ich stammele, dass ich wegen meines Halses aufgehört habe zu singen. „Singen Sie weiter!“

Hä? Mein Kind stirbt vielleicht gerade auf meiner Brust, und ich soll fröhlich singen? Was? Das können die doch unmöglich ernst meinen.

„Singen Sie!“

Diesmal kommt die Aufforderung direkt vom Stationsarzt. Ohne groß zu überlegen, beginne ich leise zu singen. Wie in einem Kitschfilm erholt Linus sich sofort, so als sei nichts gewesen. Ihr wollt mich veräppeln! Wo ist die versteckte Kamera? Weitersingen und nicht aufhören, so lautet meine Aufgabe. Aber Känguruhen dauert im Durchschnitt drei Stunden. Drei Stunden Gesang?

Jeder geht an seine Arbeit, während ich verwirrt zurück bleibe. Als ich gehe, bin ich nicht einmal mehr sicher, ob ich mir das alles nicht nur eingebildet habe.

 

Danay Leighton

Danay Leighton, 1976 geboren, ist gelernte Integrationserzieherin. Sie lebt mit ihren Kindern und ihrem Mann in einem verträumten Häuschen im Grünen und studiert berufsbegleitend Psychologie und Kunsttherapie. Danay schafft es auch in schwersten Situationen zu wahrer Stärke zu finden. Auf diese Weise geben ihre Zeilen anderen Menschen Mut und Zuversicht.

 

Bücher von Danay Leighton

 

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